Brigitte de Vet August 1, 2019

Seit einiger Zeit ist 3D-Druck in vielen Wirtschaftsbereichen präsent, und in der Gesundheitsbranche wird er seit mehreren Jahren mit Umsätzen von mehr als einer Milliarde weltweit gewinnbringend eingesetzt. Hier bei Materialise, wo ich die Medizinsparte leite, stammt unser erstes medizinisches Modell aus dem Jahr 1991, als unser CTO noch volle 5 Wochen benötigte, um einen CT-Scan in ein gedrucktes 3D-Modell umzuwandeln. Nur ein Jahr später brachten wir Mimics auf den Markt: die weltweit erste Software mit FDA-Genehmigung, um CT-Bilddaten in dreidimensionale, anatomische Modelle zu verwandeln.

Das Wachstum beim 3D-Druck in der Medizinbranche wird von verschiedenen Anwendungen angetrieben. Die wichtigsten Anwendungsbereiche umfassen die Herstellung von Produkten, Implantaten, Instrumenten und Prothesen im Bereich Orthopädie und Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie (MKG). Dabei werden entscheidende Vorteile für die Patienten erzielt. Unabhängig vom Anwendungsbereich darf jedoch der generelle Einfluss des 3D-Drucks im Gesundheitswesen nicht unterschätzt werden. Er reicht von verbesserten Patientenergebnissen bis hin zu lebensrettenden Maßnahmen.

Und manchmal verändert die Technologie eine gesamte Medizinsparte. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Hörgeräte-Branche. Als in der Hörgeräte-Industrie die transformative Kraft des 3D-Drucks erkannt wurde, erfolgte der Wandel schnell und irreversibel. Innerhalb von 500 Tagen wechselte die Herstellungsweise bei über 90 % der Hörgeräte in den USA von der klassischen Fertigung zum 3D-Druck. 

Engimplan implant

Wenn wir über den Einfluss des 3D-Drucks im Gesundheitswesen reden, denken wir in erster Linie an die Produktinnovationen, die damit möglich werden. Von den heute schon möglichen, vollständig angepassten 3D-gedruckten Schädelimplantaten bis hin zu künftigen Hoffnungen und Versprechen zum Druck lebenswichtiger Organe. Diese Produktinnovationen beruhen auf der Tatsache, dass 3D-Druck eine grundsätzlich digitale Fertigungstechnologie ist, die komplexe Designs und verbesserte Funktionen bietet. Zudem können mit 3D-Druck patientenspezifische Instrumente und wirklich personalisierte Implantate erstellt werden, die die einzigartige Anatomie jedes Patienten berücksichtigen.

Der Einfluss der Technologie endet hier aber noch nicht. 3D-Druck ermöglicht auch wichtige Prozessinnovationen. In der heutigen digitalen Welt ist das Fachwissen im medizinischen und Fertigungsbereich einerseits über den gesamten Globus verteilt. Betrachten wir jedoch die medizinische Versorgung, soll diese möglichst nah am Patienten erfolgen. 3D-Druck hat das Potenzial, die gesundheitliche Versorgung tiefgreifend zu verändern, indem globale Expertise in lokale Versorgung umgewandelt wird. So lassen sich Produktionskosten verringern und Lieferzeiten verkürzen. Krankenhäuser weltweit erkennen den Mehrwert, den 3D-Druck für die personalisierte Patientenbehandlung mit sich bringt. Folglich integrieren immer mehr Krankenhäuser 3D-Druck in ihr medizinisches Angebot und schaffen 3D-Druckmöglichkeiten am Point-of-Care.

Engimplan-Implantate

Die Möglichkeit zur lokalen Fertigung bedeutet, dass wir keine Rücksicht mehr auf Skaleneffekte nehmen müssen. So lassen sich kostspielige Bestände verringern und rein auf Bedarf produzieren. Das Beispiel der Hörgeräte im 3D-Druck veranschaulicht diese Prozessinnovationen deutlich. Die Digitalisierung in der Hörgeräte-Branche hat einen arbeitsintensiven Vorgang problemlos in einen automatisierten Prozess verwandelt. Der neue, einfache, aus 3 Schritten bestehende Prozess – Scannen, Modellieren und Drucken – kann jetzt an ganz unterschiedlichen Orten weltweit stattfinden: in der Nähe der Fertigungsexpertise und näher am Patienten. Die Vorlage für diese Prozessinnovationen kann auch auf andere medizinische Bereiche übertragen werden.

Während wir uns also häufig auf Produktinnovationen konzentrieren, liegt die disruptive Kraft des medizinischen 3D-Drucks auch in der Transformation der medizinischen Lieferkette, mit der wir die Versorgung näher zum Patienten bringen.

Der Firmensitz von Engimplan

Heute schreiten wir mit einer strategischen Investition in das Unternehmen Engimplan LTDA einen großen Schritt voran. Dieser Hersteller mit Sitz in Brasilien fertigt orthopädische und MKG-Implantate sowie die entsprechenden Instrumente. Die Kombination aus dem Fachwissen von Materialise im Bereich medizinischer Lösungen mit 3D-Druck und dem innovativen Produktportfolio von Engimplan sorgt für eine beschleunigte Einführung patientenspezifischer Implantate und Instrumente im 3D-Druck auf dem brasilianischen Markt. Durch die Einführung einer grundsätzlich digitalen Fertigungstechnologie in den Produktionsprozess profitieren brasilianische Patienten von einer fortschrittlichen lokalen Versorgung, beruhend auf drei Jahrzehnten Erfahrung von Materialise bei der Entwicklung zertifizierter Medizinlösungen, auch wenn das Unternehmen Tausende Kilometer entfernt sitzt. In der Folge werden mit dieser Investition nicht nur bedeutende Produktinnovationen geschaffen, vor allem durch die Einführung völlig neuartiger Innovationen bei der Entwicklung personalisierter Implantate in Brasilien. Es werden auch wichtige Prozessinnovationen unterstützt, indem die personalisierte Versorgung näher an den brasilianischen Patienten gebracht wird.

Brigitte de Vet

VP & General Manager Materialise Medical

Erfahren Sie in unserer Pressemitteilung mehr über die Investition von Materialise in Engimplan LTDA.

Weitere Infos

Kategorien Industrien